SÜDTIROL – Kletterabenteuer in den Alpen
Immer noch senkrecht mit 60!
Der Himmel ist stahlblau und es ist sehr still. Die Geräusche aus dem Tal sind längst verstummt und nur der Wind singt ein leises Lied vom Sommer in den Bergen. Unter mir zieht ein Adler majestätisch seine Kreise. Aber Moment mal: Irgendetwas stimmt doch an diesem Bild nicht!? Wieso ist denn der Adler unter mir, anstatt über mir? Mit einem Schlag wird mein Mund trocken, meine Ohren werden heiß und mir wird plötzlich bewusst: Ich hänge an einem dünnen Stahlseil an einer senkrechten Felswand, unter mir einige hundert Meter Luft, neben mir die wahrlich furchteinflößende Ortler-Nordwand und vor mir die Schlüsselstelle des Tabaretta-Klettersteigs, hoch über Sulden am Ortler.
Dieser Klettersteig gilt als einer der schwierigsten in den gesamten Alpen, auf jeden Fall aber in Südtirol, und ich frage mich ernsthaft, was ich hier eigentlich verloren habe. Wie konnte es nur dazu kommen, dass ich, eine zweifache Großmutter im zarten Alter von 60 Jahren, hier in schwindelerregender Höhe an einer Felswand herumturne? Das Schild am Einstieg zum Klettersteig hätte mir und meiner Freundin und Kletterpartnerin Andrea, ebenfalls glückliche Oma von zwei süßen Enkeln, eigentlich eine Warnung sein sollen. Stattdessen fanden wir es total witzig, uns gegenseitig vor dem rot-weißen Verbotsschild zu fotografieren, auf dem eine Oma mit Gehstock und Dackel an der Leine abgebildet ist. Schon der Einstieg in den Klettersteig liegt auf 2500 Metern, da wo die meisten Bergtouren eigentlich zu Ende sind. Dann geht es nochmals 500 Höhenmeter mehr oder weniger senkrecht hinauf, bevor man oberhalb der Payerhütte, die auf 3029 Metern liegt, den Ausstieg erreicht. Sollte man das nicht schaffen, hilft nur noch ein Anruf bei der Bergrettung Sulden, die diesen Klettersteig übrigens errichtet hat.
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